Dienstag, 21. Februar 2017

Ein Arbeitsleben - Aller Anfang ist schwer, das Ende auch

Die Fallstricke des Arbeitslebens beginnen oft schon bei der Bewerbung um eine Stelle. Bewerbung mit Foto oder ohne, mit Altersangabe oder ohne, alle Zeugnisse oder nur die Besten? Wird man zu einem Vorstellungsgespräch geladen, egal ob Banker oder Bäcker, geht es auch schon weiter mit den Ungewissheiten. Welche Fragen muss ich wie beantworten, darf ich Lügen, und wenn ja worüber.



Fragen zum konkreten Arbeitsverhältnis wie berufliche Fähigkeiten und Fertigkeiten kann der Arbeitgeber immer stellen. Der Arbeitnehmer muss die Wahrheit sagen. Weitergehende Fragen dürfen nur gestellt werden, soweit der Arbeitgeber hieran ein berechtigtes Interesse hat. Wer einen Kraftfahrer einstellen möchte, hat ein berechtigtes Interesse über begangene Verkehrsstraftaten informiert zu werden. Erkrankungen, die eine Arbeitserbringung unmöglich machen, dürfen ebenfalls erfragt werden. Fragen bezüglich der sexuellen Orientierung, einer bestehenden Schwangerschaft oder beabsichtigten Hochzeit sind hingegen immer unzulässig. Sie betreffen die am stärksten geschützte Intimsphäre des Arbeitnehmers und weisen keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis auf. Der Arbeitnehmer darf lügen. 

Ist der Arbeitsvertrag erst unterschrieben, so steht dem Arbeitnehmer das Weisungsrecht des Arbeitgebers gegenüber. Danach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung einseitig bestimmen. So kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer z.B. nach geltender Rechtsprechung im Regelfall von seinem Arbeitsplatz in München auf einen Arbeitsplatz in Hamburg versetzen. Er kann ihn anweisen Schutzkleidung zu tragen, ja in manchen Fällen sogar die Farbe seiner Unterwäsche vorschreiben.

Aber geht das so oder darf man das? Natürlich muss der Arbeitnehmer nicht jede Weisung hinnehmen, genau so wenig ist das private Internetsurfen per se erlaubt, nur weil alle es machen. Leider entscheiden oft nur Nuancen darüber, ob eine Handlung verboten oder eine Weisung des Arbeitgebers rechtens ist. Diese Nuancen sind es auch, die einen rechtlichen Rat so wichtigmachen.

Grundsätzlich ist beiden Seiten zu raten, nicht jedes Verhalten der jeweils anderen Seite gleich auf die Goldwaage zu legen. Wer bei der ersten kleinen Unstimmigkeit sofort auf die Barrikaden geht, trägt nicht zu einem friedlichen und effektiven Arbeitsalltag bei. Zumal Recht haben nicht immer mit Recht bekommen gleichzusetzen ist und der übereifernde Protest meist nicht in der Verbesserung der Arbeitsbedingungen, sondern einer Kündigung endet. Aber genug ist auch genug! Der Arbeitnehmer muss und sollte sich auch nicht alles gefallen lassen. Eine gewisse Loyalität dem Job gegenüber ist gesund, die Selbstaufgabe jedoch nicht wünschenswert.

Eine Kündigung kommt nicht aus heiterem Himmel, sie kommt mit Ankündigung. Ein Vorbote kann eine Abmahnung sein. Noch verlässlicher, da in der Regel unmissverständlich formuliert, ist das „Personalgespräch“. In einem solchen Personalgespräch werden dem Arbeitnehmer die Umstände und Modalitäten einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Augen geführt. In der Praxis läuft ein solches Gespräch meist  in der Gestalt ab, dass dem Arbeitnehmer die einfache und unkomplizierte Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Abfindung anstelle der sonst drohenden Kündigung nahe gelegt wird. Eine solche Vereinbarung nennt sich Aufhebungsvertrag.

Für das Verhalten in einem Personalgespräch kann es nur eine Regel geben: Ruhe bewahren und Klappe halten! Ein Aufhebungsvertrag muss nicht sofort unterschrieben werden. Es ist legitim und absolut ratsam, sich für einen Schritt wie die Unterschrift unter einen Aufhebungsvertrag etwas Bedenkzeit geben zu lassen. Eine Pflicht, einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen zu müssen, besteht nicht. Ebenso wenig wie ein Anspruch auf eine Abfindung, diese ist Verhandlungssache.

Viele der bereits dargestellten Unwegsamkeiten können durch den Arbeitnehmer noch selbst umschifft werden. Bei der Beendigung bzw. der angedrohten oder angebotenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist dies nicht anzuraten. Denn geht es um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gräbt der Arbeitgeber gerne die bis dato tot geglaubten Leichen aus dem Keller aus. Schnell kann jetzt der private Internetgebrauch oder die Reisekostenabrechnung zu einem Fallbeil werden.

Es heißt nun sich optimal aufzustellen bzw. aufstellen zu lassen. Ist der Arbeitsplatz wirklich gefährdet? Liegen die vom Arbeitgeber angeführten Kündigungsgründe tatsächlich vor? Ist die angebotene Abfindung angemessen und laufe ich vielleicht Gefahr eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld zu bekommen. Des Weiteren gilt es sich auch über Punkte wie Zeugnis, betriebliche Altersversorgung oder Punkte wie Bonuszahlungen und den Dienstwagen Klarheit zu verschaffen. Was kann ich verlangen und wann verkaufe ich mich unter Wert. Wer sich bereits im Personalgespräch in die Karten hat blicken lassen, kann jetzt nur noch schwer Pokern.

Angemerkt sei an dieser Stelle, dass eine Rechtsschutzversicherung bereits bei einer angedrohten Kündigung dazu verpflichtet ist, eine Deckungszusage für eine anwaltliche Tätigkeit zu erteilen.

Das Arbeitsverhältnis beinhaltet eine Fülle von Stolpersteinen und Tretminen. Der Arbeitnehmer ist gut beraten in jeder Lage stets einen kühlen Kopf und die Ruhe zu bewahren. Im Zweifel sollte er lieber Rat einholen, als mit seinen womöglich völlig überzogenen Vorstellungen Konflikte heraufzubeschwören, wo keine hätten entstehen müssen.

Peter Groll

Fachanwalt für Arbeitsrecht

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