Mittwoch, 23. August 2017

Mitarbeiter dürfen nicht grundlose durch sog. Keylogger überwacht werden

Das Bundesarbeitsgericht hat eine wegweisende Entscheidung zur Kontrolle der Mitarbeiter durch ihren Arbeitgeber getroffen. Für die aktuellen Möglichkeiten elektronischer Überwachung wurden dabei klare Grenzen aufgezeigt.

Im Urteil  des BAG vom 27. Juli 2017 (Az.: 2 AZR 681/16) ging es um den Einsatz eines sog. Keylogger. Damit lassen sich die Eingaben der Nutzer über die Tastatur eines Computers erfassen und dokumentieren. Die Software schaltet sich dabei zwischen das Betriebssystem und die Tastatur, um die Eingaben zu lesen und dann an das Betriebssystem weiterzugeben. Dies wurde dann über das Internet an einen anderen Computer gesendet.

Der Kläger war bei der Beklagten als „Web-Entwickler“ beschäftigt. Im Zusammenhang mit der Freigabe eines Netzwerks teilte das Unternehmen seinen Mitarbeitern mit, dass der gesamte „Internet-Traffic“ und die Benutzung ihrer Systeme „mitgeloggt“ werde. Sie installierte auf dem Dienst-PC des Klägers eine Software, die sämtliche Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Bildschirmfotos (Screenshots) fertigte. Nach Auswertung der mit Hilfe dieses Keyloggers erstellten Dateien fand ein Gespräch mit dem Mann statt. Dort räumte er ein, seinen Dienst-PC während der Arbeitszeit privat genutzt zu haben. Auf schriftliche Nachfrage gab er an, nur in geringem Umfang und meistens in seinen Pausen ein Computerspiel programmiert und E-Mail-Verkehr für die Firma seines Vaters abgewickelt zu haben. Die Beklagte, die nach dem vom Keylogger erfassten Datenmaterial davon ausgehen konnte, der Kläger habe in erheblichem Umfang Privattätigkeiten am Arbeitsplatz erledigt, kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich.

Mit seiner Kündigungsschutzklage hatte der Kläger beim BAG, wie auch in den Vorinstanzen, Erfolg.

Das BAG betont, dass die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse über die Privattätigkeiten des Klägers im gerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden dürfen. Die Beklagte habe durch dessen Einsatz das als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährleistete Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Die Informationsgewinnung sei nach Bundesdatenschutzgesetz unzulässig. Das Unternehmen hätte beim Einsatz der Software keinen auf Tatsachen beruhenden Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung gegenüber dem Mitarbeiter gehabt. Die von ihr „ins Blaue hinein“ veranlasste Maßnahme war damit unverhältnismäßig. Hinsichtlich der vom Kläger eingeräumten Privatnutzung habe das LAG ohne Rechtsfehler angenommen, diese rechtfertige die Kündigungen mangels vorheriger Abmahnung nicht.

Das BAG hat in der mündlichen Verhandlung zudem deutlich gemacht, dass es die Argumentation der Arbeitgeberseite nicht gelten lasse, bei dem Beschuldigten habe es sich um einen Fachmann gehandelt und in der Mail habe auch gestanden, dass die Systeme von der Protokollierung erfasst würden. Der Gesetzgeber stelle hohe Anforderungen an Arbeitgeber, die für sich derartige Eingriffe in die Rechte der Arbeitnehmer beanspruchten. Insgesamt überrascht die Entscheidung nicht. Wertungsmäßig steht der Eingriff auf einer Stufe mit der (verdeckten) Videoüberwachung des Arbeitnehmers.

Der Fall zeigt darüber hinaus erneut, dass die private Nutzung des Internets ein beliebter Anlass für so manches Unternehmen ist, sich von unliebsamen Mitarbeitern zu trennen. Diese Angriffsfläche sollte man nicht bieten.

Meryem Oruclar
Rechtsanwältin

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