Freitag, 21. Dezember 2018

Arbeitgeber darf freie Arztwahl nicht beschneiden


Az.: 7 Ca 1549/11 - Da hatte sich ausgerechnet eine Anwaltskanzlei etwas ausgedacht: Die neue Rechtsanwaltsfachangestellte wurde vertraglich dazu verpflichtet, im Krankheitsfall ausschließlich zu einem bestimmten Arzt gehen zu müssen, den der Arbeitgeber zuvor bestimmt hatte. Dieser sollte dann auch gleich von der Schweigepflicht entbunden werden. Und falls diese Regel nicht eingehalten würde, wollte die Kanzlei während der Krankheit keine Entgeltfortzahlung an die Mitarbeiterin leisten.

Von wegen!, urteilte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main. Das Gericht kassierte die Regelung ein und verpflichtete die Anwälte zur Lohnfortzahlung. Die Arztwahl sei schließlich frei und Vertrauenssache, die Krankenakte gehe den Arbeitgeber nichts an. Deshalb kann dieser auch keine Bedingungen stellen, zu welchem Arzt sich ein Arbeitnehmer zu begeben habe. Und bei berechtigten Zweifeln könne er seine Mitarbeiter immer noch zum medizinischen Dienst der Krankenkassen schicken. Insbesondere verstoße die oben genannte Klausel gegen das verfassungsrechtlich verbürgte allgemeine Persönlichkeitsrecht auf freie Arztwahl und die freie Entscheidung den Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden.


Nadja Kötter
Rechtsanwältin

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Freitag, 14. Dezember 2018

Man muss auch mal streiten dürfen.


Az.: 11 Sa 722/10 - Eine halbe Million Euro Schadensersatz wegen Mobbings verlangte ein Oberarzt von seinem vorgesetzten Chefarzt. Der Oberarzt hatte sich zuvor selbst auf die Stelle beworben, ist jedoch abgelehnt worden und war damit gar nicht einverstanden, denn stattdessen ist ein externer Bewerber eingestellt worden. Die Positionen waren verteilt und damit begannen die Konflikte. Folge: Der Kläger erkrankte und klagte.

Das LAG Hamm entschied jedoch: Die Beklagten haben keinen Schadensersatz zu zahlen! Es sei zwar unstreitig zu Auseinandersetzungen zwischen den Parteien gekommen, diese hätten sich aber stets im sozial- und rechtsadäquaten Rahmen gehalten. Streiten gehöre eben zum (Arbeits-)Leben dazu. Konflikte am Arbeitsplatz seien durchaus üblich. Auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum hinziehen, sei dies noch nicht als Mobbing zu sehen, sofern Arbeitgeber und Vorgesetzte „sozial- und rechtsadäquat“ damit umgehen.

Das Bundesarbeitsgericht äußerte sich in einen ähnlich gelagerten Fall dahingehend, dass Schmerzensgeld oder Schadenersatz von einem Arbeitnehmer danach erst verlangt werden können, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Damit hat das Bundesarbeitsgericht die Maßstäbe für die Verwirklichung des Mobbingtatbestandes am Arbeitsplatz näher definiert.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 7. Dezember 2018

Warum dem Chefarzt, der wieder geheiratet hat, deshalb gekündigt wurde…


Az.: C-68/17 - Ein Chefarzt eines katholischen Krankenhauses der Abteilung „Innere Medizin“ in Düsseldorf ließ sich im März 2008 scheiden und entschied sich im August 2008 seine neue Lebensgefährtin zu heiraten. Als sein Arbeitgeber im darauffolgenden Jahr Kenntnis von der erneuten Heirat erlangte, kündigte er das Arbeitsverhältnis ordentlich mit der Begründung, der Chefarzt habe gegen seine Loyalitätspflichten verstoßen. Der Arbeitgeber war der Ansicht, dass dem Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne des Ethos der Kirche und der Organisation abverlangt werden könne und er gegen diese Grundgedanken mit einer erneuten Heirat verstoßen habe.

Im eingelegten Kündigungsschutzverfahren gab das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage statt, die Wiederheirat stelle keinen Kündigungsgrund dar; auch die vom Arbeitgeber eingelegte Berufung ist zurückgewiesen worden. Nach einem erneuten Rechtsstreit vor dem Bundesarbeitsgericht legte dieses dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung grundlegende Wertungsfragen vor, die sich im Laufe des Verfahrens aufgetan hatten.

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (Urteil EuGH vom 11. September 2018, C-68/17) hat nun in diesem Zusammenhang entschieden, dass die an den Chefarzt gestellte Anforderung, dass dieser als katholischer Chefarzt den „heiligen und unauflöslichen Charakter“ der Ehe beachte, keine gerechtfertigte berufliche Anforderung sei. Eine Kündigung wegen Wiederheirat kann folglich eine verbotene Diskriminierung im Sinne einer Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung darstellen. 


Nadja Kötter
Rechtsanwältin

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Freitag, 30. November 2018

Raubkopien auf dem Firmenrechner als fristloser Kündigungsgrund



Az.: 2 AZR 85/15 - Die Themen EDV und private Internetnutzung sind nach wie vor beliebte Kündigungsgründe und beschäftigen die Arbeitsgerichte. Das Erstellen illegaler Raubkopien am Arbeitsplatz kann einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Tatkündigung darstellen. Ist der Tatvorwurf dem Arbeitnehmer nicht vollständig nachweisbar, kann auch der dringende Verdacht kriminellen Verhaltens für eine fristlose Kündigung ausreichen. Vor einer solchen Verdachtskündigung muss der Arbeitnehmer jedoch zu den Verdachtsmomenten angehört werden. 

Die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung hängt grundsätzlich davon ab, ob die private Nutzung verboten war. Selbst bei einer Erlaubnis sind aber sexuelle oder radikalpolitische Inhalte tabu. Eine neue Facette konnte jetzt das BAG beleuchten: darf ich auf meinem Dienst-PC auch illegale Raubkopien speichern? Ein Justizangestellter beim OLG Naumburg, der ausgerechnet auch noch der IT-Verantwortliche des Gerichts war, hatte über mehrere Jahre während seiner Arbeitszeit Dienstrechner für Raubkopien genutzt. Bei einer Geschäftsprüfung wurden auf seinen Festplatten mehr als 6.400 E-Book-, Bild-, Audio- und Videodateien gefunden. Es war auch ein Programm installiert, um den Kopierschutz der Hersteller zu umgehen. Der Mann hatte so in drei Jahren über 1.100 DVDs bearbeitet und die DVD-Rohlinge über das Gericht bestellt. Man kündigte ihn fristlos und das vollkommen zu Recht, wie das BAG nun feststellte.

Das unbefugte Kopieren während der Arbeitszeit auf dem Dienstrechner sei ein schwerer Pflichtverstoß, selbst wenn der Kläger nicht alle fraglichen Handlungen selbst vorgenommen, sondern dabei mit anderen Kollegen zusammengewirkt oder das Herstellen von „Raubkopien“ durch diese bewusst ermöglicht habe. Aus dem Umstand, dass er seinen Rechner für bestimmte andere private Zwecke nutzen durfte, konnte er nicht schließen, dass ihm die Kopier- und Brennvorgänge erlaubt sind. Der Mann hat jetzt also genug Zeit, sich die ganzen Filme anzuschauen.


Vannesa Barth
Rechtsanwältin

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Freitag, 23. November 2018

Entführung des Dienstwagens kein Kündigungsgrund


Az.: 7 Sa 521/10 - Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hatte in zweiter Instanz über die Wirksamkeit von zwei außerordentlichen Kündigungen zu entscheiden. Dieser Entscheidung lagen die folgenden Geschehnisse zugrunde:

Ein kaufmännischer Leiter wurde fristlos gekündigt und anschließend sofort aufgefordert, seinen Dienstwagen zurückzugeben. Der Gekündigte wollte jedoch keinesfalls auf diesen verzichten und brauste mit dem Auto kurzerhand vom Betriebshof. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber erneut fristlos und drohte gar mit einer Strafanzeige wegen Unterschlagung.

Das war allerdings etwas voreilig: Beide Kündigungen wurden vom Landesarbeitsgericht Nürnberg für unwirksam erklärt. Zwar habe der Arbeitnehmer kein Recht, den Dienstwagen trotz Kündigung zu behalten. Die Rückgabe des Dienstwagens war auch explizit im Arbeitsvertrag wie auch in den dort in Bezug genommenen Dienstwagenregelungen verankert gewesen. Somit hätte der Arbeitnehmer den Dienstwagen nur bei offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung nicht herausgeben müssen, dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Der Arbeitgeber hätte unter Zugrundelegung der Verhältnismäßigkeit zunächst eine Abmahnung aussprechen müssen, dies war unterlassen worden. Die erneute Kündigung sei somit unverhältnismäßig und rechtsunwirksam. Und so bekam auch der Arbeitnehmer seinen Dienstwagen wieder.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 16. November 2018

Wer raucht, fliegt!

Az.: 12 Sa 956/11 - Dass Rauchen nicht nur die Gesundheit sondern auch das Arbeitsverhältnis gefährden kann, zeigt der vorliegende Fall eines Arbeitnehmers in einem Druckereibetrieb.

In einem feuergefährdeten Druckereibetrieb war das Rauchen strengstens untersagt, dies war auch den Arbeitnehmern soweit bekannt. Trotz Rauchverbots und mehrfacher Abmahnungen steckte sich ein Arbeitnehmer erneut außerhalb der Raucherräume auf dem Stapler sitzend eine Zigarette an – prompt folgte die fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber.


Und zwar zu Recht, wie die Richter des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf anschließend auch in der zweiten Instanz urteilten. Der nachhaltige Verstoß gegen ein Rauchverbot, das insbesondere der Betriebssicherheit diente, sei ein schwerwiegender Verstoß gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten. Das Gericht stellte noch einmal klar, dass ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung nicht nur aus einer erheblichen Verletzung einer arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht resultieren kann, sondern auch in einer schuldhaften Verletzung einer Nebenpflicht liegen kann. Insbesondere kam ein milderes Mittel, wie es in einer Abmahnung gesehen werden könnte, nicht in Betracht, denn der Arbeitnehmer war bereits einschlägig mehrfach abgemahnt worden.


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Dienstag, 6. November 2018

Bei Anruf Kündigung?

Az. 12 Sa 630/15 - Mit Anrufen bei einem Gewinnspiel hatte sich das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zu beschäftigen. Eine Bürokauffrau rief während ihrer Pausen mehrfach bei dem Gewinnspiel eines Radiosenders „Das geheimnisvolle Geräusch“ an. Die Anrufe tätigte sie über die Telefonanlage ihres Arbeitsgebers. Diese kosteten jedes Mal 0,50 € pro Anruf. Den Mitarbeitern war es gestattet, privat und kostenfrei über die Telefonanlage zu telefonieren. Eine Reglung bezüglich kostenpflichtiger Sonderrufnummern gab es jedoch nicht. Bei der Prüfung der Telefonrechnung Januar fiel auf, dass in diesem Monat 37mal bei dem Gewinnspiel angerufen wurde. Auf Nachfrage gab die Bürokauffrau die Anrufe zu und bot an, die 18,50 € an Telefongebühren zu erstatten. Drei Tage später kündigte ihr Arbeitgeber sie fristlos und hilfsweise fristgerecht.

Sowohl das Arbeitsgericht, als auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat entschieden, dass die fristlose Kündigung unwirksam sei. Es liege zwar eine Pflichtverletzung vor, da für einen Arbeitnehmer erkennbar sei, dass Anrufe bei einer kostenpflichtigen Gewinnspielhotline von der Gestattung zum privaten Telefonieren nicht umfasst seien. Die Pflichtverletzung habe jedoch nicht das nötige Gewicht, um die fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Der Verschuldensvorwurf gegenüber der Bürokauffrau sei gemindert worden, da bei ihrem Arbeitgeber der Umfang der Privatnutzung der Telefonanlage betrieblich nicht geregelt gewesen sei. Weiter sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Anrufe während ihrer Pausen erfolgt seien, so dass nicht von einem Arbeitszeitbetrug auszugehen gewesen sei.

Die Bürokauffrau ist trotz allem nicht mehr bei ihrem Arbeitgeber tätig, da sie vergaß, die hilfsweise fristgerechte Kündigung anzugreifen. Auch der Jackpot in Höhe von 26.000 € wurde von ihr nicht geknackt.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Montag, 8. Oktober 2018

Telefonieren im Operationssaal verboten?


Az.: 3 Sa 474/09, 2 AZR 495/11 - Ein Chefarzt und Herzchirurg hatte regelmäßig im Operationssaal mit seinem Handy Privattelefonate geführt und dafür sogar Operationen mit noch offenen Wunden unterbrochen und den Saal verlassen. Das Krankenhaus sah darin einen gravierenden Pflichtverstoß, schon wegen der Verletzung der Hygienevorschriften sowie der Gefährdung der Patienten. Der Mann wurde fristlos gekündigt. 

 
Doch auch als das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eine Reihe von Zeugen vernahm, die die Telefonate bestätigten – es reichte nicht für eine Kündigung. Die Richter hielten in einer abschließenden Interessenabwägung den Arzt für schutzwürdiger und eine Kündigung für unverhältnismäßig.

So auch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, das die Entscheidung der Vorinstanz noch einmal bestätigte und die Kündigung des Chefarztes wegen wenigen und kurzen privaten Telefonaten im Operationssaal mit dem schnurlosen Handapparat seines Diensttelefons und/oder seinem Mobiltelefon während laufender Operationen ohne eine vorherige Abmahnung für unverhältnismäßig einstufte. Diese Auffassung resultierte insbesondere aus der Erwägung heraus, dass der Arbeitgeber zuvor dieses Verhalten des Arbeitnehmers geduldet hatte und bei einer Änderung seiner Ansicht eine vorherige Abmahnung hätte aussprechen müssen. 


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht  

Freitag, 21. September 2018

Fristlose Kündigung auch nach Freistellung

Az.: 7 Sa 248/11 - Nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages und der Wahrnehmung einer damit oftmals in Verbindung stehenden Freistellung wähnen sich Arbeitnehmer häufig in Sicherheit, dass ihnen nun nichts mehr passieren könne. Insbesondere die noch immer bestehende Möglichkeit einer Kündigung seitens des Arbeitgebers wird nicht selten übersehen.


So auch im vorliegenden Fall, als ein Bankmitarbeiter seinen Aufhebungsvertrag schon in der Tasche hatte und im Zuge dessen freigestellt worden ist. Dann kam er noch einmal ins Büro und übermittelte sensible Kundendaten in insgesamt 94 E-Mails – 622 MB in 1660 Dateianhängen – an sein privates E-Mail-Postfach. Die fristlose Kündigung folgte.

Die Richter des Landesarbeitsgerichts Hessen sahen darin trotz Freistellung von der Arbeitspflicht einen erheblichen Vertrauensbruch. Das Gericht argumentierte, dass im Falle der schwerwiegenden Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten auch bei einem von der Arbeitspflicht bis zum vereinbarten Beendigungstermin befreiten Arbeitnehmer eine außerordentliche Kündigung unter Vorliegen eines wichtigen Grundes in Betracht komme. Auch eine mangelnde Wiederholungsgefahr stehe der außerordentlichen Kündigung nicht entgegen, sei aber im Rahmen der Interessenabwägung mit einzubeziehen.

Auch die Ausrede, der Arbeitnehmer habe die Daten nur zu privaten Trainingszwecken an sich übermittelt, überzeugte das Gericht nicht. Es befand die Kündigung für rechtswirksam.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 14. September 2018

Überstunden auf eigenes Risiko

AZ.: 5 AZR 406/10 - Über die Vergütung von Überstunden gibt es in so manchen Betrieben nicht nur zum Zeitpunkt der Beendigung von Arbeitsverhältnissen gelegentlich Streit. Bei der pauschalen Vergütung von Überstunden ist stets die Anforderung der Bestimmtheit, wie es die Überprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Gesetzes wegen verlangt, im Auge zu behalten. So muss sich bei der Aufnahme einer pauschalen Vergütung von Überstunden aus dieser klar entnehmen lassen, welche Arbeitsleistungen in welchem Umfang mit erfasst sind. Dies muss ohne weiteres für einen Arbeitnehmer ersichtlich sein. Andernfalls könnte sich die Klausel im Arbeitsvertrag als unwirksam herausstellen.

Im vorliegenden Fall ist ein Rechtsanwalt einer internationalen Großkanzlei gekündigt worden, anschließend wollte er jedoch knapp 40.000 Euro wegen geleisteter, aber unbezahlter Überstunden einklagen.

Begründung: Die Kanzlei habe ihm die spätere Aufnahme in die Partnerschaft in Aussicht gestellt, also habe er sich entsprechend reingekniet und mehr als sein Soll geleistet. Leider umsonst – wie die Richter des Bundesarbeitsgerichts urteilten: Zwar sei die Klausel im Arbeitsvertrag unwirksam, wonach sämtliche Überstunden mit dem Gehalt abgegolten seien. Der Arbeitnehmer habe aber Dienste höherer Art geleistet und eine Bezahlung von Überstunden nicht ernsthaft erwarten können. Das sei in einer Großkanzlei nun mal nicht üblich. Auch die Erwartung des Anwalts, durch seine Überstunden Partner zu werden, sei auf eigenes Risiko erfolgt: Die Großkanzlei habe die Partnerschaft schließlich nicht explizit von Überstunden abhängig gemacht.


Nadja Kötter
Rechtsanwältin

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Freitag, 31. August 2018

Eisessen gehört nicht zur Arbeit


Az.: S 98 U 178/10 - Auch wenn der Sommer sich so langsam dem Ende neigt, steht Eis essen noch immer hoch im Kurs. Dies dachte sich auch ein Unternehmensberater und gönnte sich nach einem Geschäftstermin auf dem Nachhauseweg ein leckeres Eis – und verschluckte sich.


Derart, dass das Malheur gar mit einem Herzinfarkt endete. Für den Berater ein klarer Arbeitsunfall.
Nichts da, urteilten indes die Richter des Sozialgerichts Berlin und wiesen darauf hin, dass „das Sich-Verschlucken beim Schlecken von Speiseeis auf dem Weg von der Arbeit“ keinen Arbeitsunfall darstelle. Das Eisessen sei keine versicherte Tätigkeit.

Ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Nahrungsaufnahme und der Berufsausübung hätte nur bestanden, wenn der Mann das Eis so schnell hätte essen müssen, um möglichst bald seine Arbeitskraft wiederzuerlangen und anbieten zu können. So aber diente es rein dem Genuss und war gerade nicht zum Zwecke der Stärkung verzehrt worden, um die vom Arbeitgeber geforderte Arbeitskraft wieder anbieten zu können.


Vannesa Barth
Rechtsanwältin

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Freitag, 17. August 2018

Selbstbeurlaubung: Nicht immer ein fristloser Kündigungsgrund

Az.: 10 Sa 1823/10 - Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte in einem Fall zu entscheiden, ob der eigenmächtige Urlaubsantritt einer Arbeitnehmerin im konkreten Fall eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könne.


Die Hinweise eines Arbeitgebers interessierten die Mitarbeiterin offensichtlich nicht und sie kam im Anschluss an ihren Kuraufenthalt einfach nicht zur Arbeit. Der Arbeitgeber kündigte ihr daraufhin fristlos, die Arbeitnehmerin legte Klage ein und der Arbeitgeber verlor trotz eindeutig vorliegender rechtswidriger Selbstbeurlaubung der Mitarbeiterin den Prozess. Das Gericht der zweiten Instanz argumentierte mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und nahm eine umfassende Interessenabwägung der widerstreitenden Interessen vor. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass trotz einer erheblichen Pflichtverletzung, jedoch unter Gesamtwürdigung der Interessen beider Seiten eine fristlose Kündigung unverhältnismäßig sei.

Aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit und der schlechten Aussichten der Mitarbeiterin auf dem Arbeitsmarkt wäre aus Sicht des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg nur eine ordentliche Kündigung verhältnismäßig gewesen. Diese wiederum war aber wegen der zwischenzeitlich eingetretenen ordentlichen Unkündbarkeit nicht möglich.

Es hätte in diesem Fall auch eine mildere Bestrafung wie eine Abmahnung ausgereicht, so das Landesarbeitsgericht. Im Übrigen habe der Arbeitgeber nach Auffassung des Gerichts keine konkreten Betriebsablaufstörungen nachweisen können, die durch das Verhalten der Arbeitnehmerin, hervorgerufen worden seien.


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 10. August 2018

Besser kein Marathon während der Krankheit


Az.: 3 Ca 432/10 - Wer vom Arzt arbeitsunfähig krankgeschrieben ist, erhält während dieser Zeit nach dem Gesetz Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber. Soviel zunächst zum Grundsatz, der durch den Gesetzgeber im Entgeltfortzahlungsgesetz verankert worden ist. Dafür muss das Attest aber auch glaubwürdig sein, wie das Arbeitsgericht Mannheim in einem kuriosen Fall betonte und legte in diesem Zuge noch einmal das Augenmerk darauf, dass der Beweiswert eines ärztlichen Attestes grundsätzlich erschütterbar sei:

Eine Mitarbeiterin hatte gekündigt und sich für die letzten zwei Wochen von ihrem Arzt krankschreiben lassen. Das hinderte sie jedoch nicht daran, in dieser Zeit an einem Marathon teilzunehmen, den sie mit einer sportlich beachtlichen Zeit von fünf Stunden beendete. Der ehemalige Arbeitgeber fand dies heraus und fand die Tatsache der Teilnahme an einem Marathon während ihrer Arbeitsunfähigkeit weniger sportlich und verweigerte ihr die Entgeltfortzahlung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber trug in diesem Zuge Tatsachen vor, die den Beweiswert des ärztlichen Attestes zu erschüttern vermochten. Die Arbeitnehmerin hingegen behauptete, sie sei psychisch erkrankt und die sportlichen Aktivitäten trügen zu ihre Genesung bei.

Die Richter gaben dem Arbeitgeber Recht und glaubten der ärztlichen Bescheinigung nicht. Ebenso wenig der Frau, die behauptete, sie sei psychisch krank und der Sport würde ihr gut tun. Hinzu kam die bemerkenswerte Tatsache, dass sie am letzten Tag vor ihrer Krankheit bereits ihr komplettes Büro geräumt hatte.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Montag, 30. Juli 2018

Schadenersatz für schlechtes Zeugnis


Az.: 13 Sa 1267/08 - Bei der Erstellung von Zeugnissen kommt es immer wieder zu Unstimmigkeiten. Dabei ist der grundsätzliche Anspruch an die Zeugniserstellung zumindest abstrakt klar. Zeugnisse müssen wohlwollend sein und der Wahrheit entsprechen, sonst drohen dem Unternehmen rechtliche Konsequenzen.

Ein Arbeitgeber wurde vom Arbeitsgericht dazu verurteilt, das bereits erteilte (grottenschlechte) Zeugnis entsprechend den Wünschen seiner ehemaligen Mitarbeiterin zu korrigieren. Mit dem alten Zeugnis hatte sie sich erfolglos beworben, die Absagen wurden vor allem auf die erheblichen Rechtschreibfehler im Zeugnis gestützt. Die Frau verlangte daraufhin 6000 Euro Schadensersatz von ihrem Ex-Arbeitgeber.

Zu Recht, wie das Hessische Landesarbeitsgericht urteilte. Bei Verletzung der Zeugnispflicht kommt ein solcher Schadensersatzanspruch in Betracht, denn ein Arbeitgeber, der schuldhaft seine Zeugnispflicht verletzt, schuldet dem Arbeitnehmer Ersatz des dadurch entstehenden Schadens. Dabei muss der Kläger allerdings beweisen, dass durch das verspätete oder unrichtige Zeugnis ein konkreter Schaden entstanden ist. Das war hier der Fall, weil die Absagen potentieller Neu-Arbeitgeber unmittelbar auf dem mangelhaften Zeugnis beruhten. Der Schaden bestand somit aus den entgangenen Gehältern.


Nadja Kötter
Rechtsanwältin

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Montag, 23. Juli 2018

Wenn man den Gefühlen freien Lauf lässt…


Az.: 8 Sa 361/10 - Die Emotionen kochen hoch, es kommt zu einem verbalen Schlagabtausch und dann war es auch schon ausgesprochen, was sich ein Arbeitnehmer wohl zuvor schon des Öftern gedacht hatte.



„Sie haben hier nichts mehr zu sagen, Ihre Zeit ist abgelaufen“, blaffte ein Mitarbeiter seinen Vorgesetzten an.

Folge: fristlose Kündigung. Zu Recht, wie die Richter des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz urteilten. Denn dabei handele es sich um eine erhebliche Nichtachtung des Arbeitgebers in dessen Arbeitgeberstellung, die auch geeignet sei, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, erst recht jedoch eine ordentliche Kündigung.

Der Chef könne hiernach nicht mit Sicherheit davon ausgehen, dass sich der Arbeitnehmer künftig nicht mehr zu einem ähnlichen Fehlverhalten hinreißen lasse. Das Vertrauen, dass der Arbeitnehmer die Autorität des Chefs zukünftig ausreichend respektiere, sei zerstört – und das Ende des Arbeitsverhältnisses damit begründet


Vannesa Barth
Rechtsanwältin

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Dienstag, 17. Juli 2018

Private Facebook-Äußerung bleibt ohne Folgen


Az.: 12 C 12.264 - Eine schwangere Mitarbeiterin eines Sicherheitsunternehmens, welche bei einem Mobilfunkanbieter zum Einsatz kam, verlor – trotz Schwangerschaft – zunächst ihren Job, weil sie sich über ihren privaten Facebook-Account herablassend über den Kunden Ihres Arbeitgebers äußerte.

Dort sagte sie über ihre Mobilkartensperrung Dinge, wie „Boah kotzen die mich an“ und „Solche Penner“. Der Verwaltungsgerichtshof München hob die erste Zustimmung zu ihrer Kündigung jedoch wieder auf. Unzulässig!

Die Mitarbeiterin habe lediglich eine sprachlich pointierte Bewertung einer bestimmten sachlichen Aussage zu einem privaten Vertragsverhältnis getroffen und könne sich daher auf das Recht zur freien Meinungsäußerung berufen. Außerdem sei zu beachten, dass die Äußerungen über den „privaten“ und nicht den „öffentlichen“ Bereich von Facebook erfolgt seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts habe sie daher darauf vertrauen dürfen, dass die Äußerung nicht nach außen getragen werde.

Trotzdem empfiehlt es sich im Umgang mit den sozialen Medien bei Äußerungen über den eigenen Arbeitgeber und dessen Kunden eine gewisse Sorgfalt walten zu lassen.


Nadja Kötter
Rechtsanwältin

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Freitag, 15. Juni 2018

Arbeitsrecht - WM-Gucken: Was ist erlaubt?

Jetzt ist es soweit. Die Fußballwelt blickt nach Russland. Dumm nur, dass einige Spiele bereits ab 16:00 Uhr beginnen und so mancher Arbeitnehmer auch während der Spiele arbeiten muss. Was darf ich, was darf ich nicht und was kann man tun, um möglichst viel live zu sehen und meine Arbeitszeit darauf anzupassen?

Auch während der WM existieren keine rechtlichen Ausnahmen. Verstößt der Arbeitnehmer gegen die Pflichten aus seinem Arbeitsvertrag, muss er mit der gelben Karte, der Abmahnung, oder der roten Karte, der Kündigung rechnen.Hier einige Fragen und Antworten:


Darf ich während der Arbeitszeit WM-Spiele anschauen – etwa über das Internet?

Hier gibt es nur ein ganz eindeutiges „Nein“. Während der Arbeitszeit dürfen keine WM-Spiele angesehen werden, weder über das Internet noch über sonstige Medien. Wie der Name schon sagt handelt es sich um „Arbeits“zeit. Der Arbeitgeber hat das Weisungsrecht im Betrieb, er allein darf entscheiden was erlaubt ist. Sollte es also keine andere Regelung im Betrieb geben, so ist die Fußball-WM als Live-Ereignis am Arbeitsplatz tabu. Wenn der Arbeitgeber aufgrund in der Arbeitszeit liegender Anstoßzeiten hier eine Ausnahme machen sollte, so ist dies natürlich anders zu beurteilen.


Kann ich in der Zeit ein eigenes Radio oder einen Fernseher mit ins Büro nehmen?
Ja, aber nicht anschalten. Wieder hat der Arbeitgeber das Weisungsrecht. In vielen Büros oder Betriebsstätten findet man aber dennoch zumindest Radiogeräte. Wenn dies in der Vergangenheit bereits geduldet war, so würde man hier jetzt auch bestimmt einen Sender mit einer Live-Übertragung einstellen können und während der Arbeitszeit laufen lassen. Allerdings hat auch hier der Arbeitgeber ein Mitspracherecht dahingehend, dass er die Geräte bei allzu großer Aufmerksamkeit auf das Spielgeschehen dann per Weisung verbieten kann (BAG, 14.01.1986 – 1 ABR 75/83).


Kann ich den Live-Ticker auf dem Smartphone checken?
Das ist gerichtlich noch nicht entschieden. Weil aber wohl keine Beeinträchtigung des Betriebsablaufs vorliegen dürfte, dürfte man den Live-Ticker als Arbeitgeber wohl zulassen müssen.

Kann ich mir für einzelne Spiele Urlaub nehmen?

Der Arbeitgeber bestimmt grundsätzlich wann man Urlaub nehmen kann, hat dabei aber die Wünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. In der Regel wird man den beantragten Urlaub deswegen auch genehmigt bekommen wenn nicht dringende betriebliche Erfordernisse sprechen dagegen. Wer zu spät Urlaub beantragt und quasi die Notbesetzung ist oder an einem sehr wichtigen Projekt arbeitet, der hat natürlich Pech gehabt und bekommt den Urlaub nicht.


Kann ich auch nur stundenweise Urlaub nehmen und früher gehen, um ein WM-Spiel anzusehen?
Wer flexible Arbeitszeiten hat, der kann seinen Arbeitstag entsprechend anpassen. Einen Teilurlaub im Hinblick auf einzelne Stunden am Tag kennt das Bundesurlaubsgesetz nicht. Auch in Tarif- oder Arbeitsverträgen wird man hierzu meist nichts finden. An dieser Stelle gilt dann: Alles ist Verhandlungssache mit dem Chef.


Was passiert, wenn ich keinen Urlaub bekommen habe und trotzdem fehle?

Das sind dann ein eigenmächtiger Urlaubsantritt und damit ein recht schwerwiegender Pflichtverstoß. Der Verstoß wird für den ersten Tag vielleicht noch mit einer Abmahnung bewertet, am zweiten Tag wenn es gut läuft auch noch. Spätestens beim dritten Anlass folgt dann aber bestimmt die fristlose Kündigung, die nach der Rechtsprechung durchaus gerechtfertigt sein dürfte (BAG, 20.01.1994 – 2 AZR 521/93). Die einzige positive Folge ist, dass man nach einer fristlosen Kündigung viel Zeit für die WM.


Und wenn ich stattdessen mich krank melde oder eine Krankschreibung vorlege?
Dann sieht das erst einmal schlecht aus und kommt extrem negativ rüber. Eine rechtliche Konsequenz allerdings dürfte dennoch nicht folgen. Dies zumindest wenn man sich für den fraglichen Tag ordnungsgemäß arbeitsunfähig krank meldet. Nach der gesetzlichen Regelung muss auch erst ab dem 4. Tag der Arbeitsunfähigkeit der „gelbe Schein“ des Arztes eingereicht werden. Anders kann dies im Arbeitsvertrag vereinbart sein. Auch Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung sehen manchmal abweichende Regelungen vor. Der Arbeitgeber muss die AU-Bescheinigung erst einmal für bare Münze nehmen. In jedem Falle gilt es aber folgenden Satz zu vermeiden: „Wenn ich keinen Urlaub bekommen, dann bin ich eben krank.“ Wer in solcher Art und Weise eine Krankheit ankündigt, der riskiert seinen Job und bietet seinem Arbeitgeber eine Steilvorlage für eine fristlose Kündigung (BAG, 12.03.2009 – 2 AZR 251/07). Ebenso, wer sich genesungsschädlich verhält und mit Magen-Darm-Virus am Public-Viewing teilnimmt.


Was ist, wenn ich zu einem Top-Spiel wirklich krank werde?
Das kann schon mal passieren. Wer krank ist ist krank. Diese Krankheit darf nur nicht im Vorfeld angekündigt sein (s.o.). Zudem sollte sich jeder überlegen, wie er als Arbeitgeber reagieren würde, wenn das halbe Büro vor einem wichtigen Spiel über Magenbeschwerden klagt, früher geht oder gar nicht kommt und am nächsten Tag die wundersame Heilung eingetreten ist. Der Arbeitgeber nimmt solche Sachverhalte gerne mal zum Anlass, dass in Zukunft schon ab dem 1. Tag einer Erkrankung eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt werden muss. Und das darf er sogar.


Wie sieht’s mit einem Bier zum Fußball aus?

Alkohol in Maßen ist am Arbeitsplatz nicht generell verboten, kann aber verboten werden. Ist die Siegesparty in der Nacht allzu heftig ausgefallen, ist der Arbeitgeber auch berechtigt, bei erkennbaren alkoholbedingten Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit den Arbeitnehmer nach Hause zu schicken. Arbeitslohn wird für diesen Tag dann nicht geschuldet. Ebenso bedarf es nur des gesunden Menschenverstandes, dass Mitfiebern zwar erlaubt ist, man sich als Fan aber ebenso professionell verhalten sollte wie die Kicker auf dem Rasen. Das heißt: Bei der Arbeit ist Alkohol ein no-go.


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Freitag, 25. Mai 2018

Befristung ist im Profifußball nach wie vor rechtmäßig

Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt lässt die Vereine im deutschen Profifußball aufatmen: Bundesligavereine dürfen Profifußballern auch künftig befristete Verträge geben. Das entschieden Deutschlands höchste Arbeitsrichter nun in einem Grundsatzurteil Urteil vom 16. Januar 2018 (Az.: 7 AZR 312/16). "Vom Fußball werden sportliche Höchstleistungen erwartet, man kann nicht davon ausgehen, dass diese bis zum Rentenalter zu erbringen sind", sagte die Vorsitzende Richterin in der mündlichen Verhandlung.

Geklagt hatte der ehemalige Bundesligatorwart Heinz Müller gegen seinen Verein FSV Mainz 05. Hintergrund: Sein Vertrag war 2012 um zwei Jahre verlängert worden. Der damalige Trainer Thomas Tuchel schob den Torwart jedoch in die zweite Mannschaft ab. Dadurch habe er keine Chance gehabt, dass sich sein Vertrag automatisch um ein Jahr verlängere, argumentierte Müller. Denn dafür hätte er mindestens 23 Einsätze in Profispielen vorweisen müssen. Er forderte deshalb, dass die Befristung für unwirksam erklärt wird. Ursprünglich hatte er noch eine sechsstellige  Prämie eingeklagt, die ihm durch die Degradierung verloren ginge, hatte sich dann aber im Laufe des Prozess gegen seine Befristung insgesamt gewendet, mit erheblicher Sprengkraft für das System des Profifußballs insgesamt. Dieses basiert seit jeher auf befristeten Arbeitsverträgen, was von der Rechtsprechung bislang akzeptiert wurde.

Laut § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes darf ein Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis ohne Angabe eines Grundes nämlich nur bis zu zwei Jahre befristen und darf innerhalb dieser zwei Jahre den Arbeitsvertrag nur bis zu dreimal verlängern.

Der Rechtsstreit schwelt bereits seit 2012. Müller hatte vom Arbeitsgericht Mainz zunächst Recht bekommen. Die Richter damals meinten, die Eigenart der Arbeitsleistung eines Profifußballers rechtfertige noch keine Befristung. Im Prinzip basiert jedoch das gesamte Transfersystem des Profifußballs darauf, weshalb nun eine Revolution im Fußball befürchtet wurde.
Der FSV Mainz ging jedoch in Berufung. Und das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz fiel im Sinn des Klubs aus. Die Richter bestätigten die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge für Profifußballer: Sie seien nicht mit anderen Arbeitnehmern zu vergleichen. So argumentiert auch der Fußballclub. Dass Bundesligaspieler kein gewöhnliches Arbeitsverhältnis hätten, zeige unter anderem ihr außergewöhnlich hoher Verdienst, sagte der Anwalt des Clubs.

Dieser Einschätzung folgte nun auch das Bundesarbeitsgericht. Die Zeitverträge, die die Klubs den Lizenzspielern für zwei oder mehr Jahre ausstellen, seien durch die Eigenart ihrer Arbeitsleistung gerechtfertigt, heißt es in der Urteilsbegründung.

Damit liegt nach Auffassung der Richter ein sachlicher Grund für Befristung des Arbeitsverhältnisses von Profifußballern vor. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist wirksam. Sie ist wegen der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt. Im kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußballsport werden von einem Lizenzspieler im Zusammenspiel mit der Mannschaft sportliche Höchstleistungen erwartet und geschuldet, die dieser nur für eine begrenzte Zeit erbringen kann. Dies ist eine Besonderheit, die in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Befristung des Arbeitsverhältnisses begründet. Ferner wurde der ebenfalls geltende gemachte Anspruch auf Punkteprämien verneint.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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